In Deutschland sind die Kosten für Strom und Gas in den vergangenen Monaten dramatisch angestiegen
Wie kommt es zu diesem Anstieg der Energiekosten? Was haben die Kündigungswellen von Strom- und Gasanbietern damit zu tun? Und welche Auswirkungen hat die sinkende Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)? Wir geben Ihnen Antworten darauf.
Strom- und Gasanbieter kündigen bestehende Verträge und lehnen Neukunden ab
Einige Stromanbieter stoppen Lieferungen, kündigen Bestandskunden, lehnen neue Kunden ab oder erhöhen die Tarife für die Verbraucher. Grund ist der extreme Anstieg der Großhandelspreise für Strom und Gas. Vor allem Billiganbieter haben große Probleme, die Preise und Verträge zu halten. Sie müssen teilweise sogar Insolvenz anmelden.
Hauptursache ist die sehr knapp kalkulierte Beschaffungsstrategie der Anbieter. Erhalten Verbraucher eine Kündigung von ihrem Stromanbieter, wechseln sie entweder automatisch zum Tarif des regionalen Grundversorgers oder suchen sich selbst einen neuen Anbieter. Diese können die Flut an Neukunden nicht immer bewältigen. Die Gas- bzw. Strombeschaffung ist nicht auf eine so große Anzahl von Neukunden ausgelegt. Die Marktpreise sind zu teuer für den Erhalt der angebotenen Tarife. Grundversorger erhöhen entsprechend die Preise für Gas und Strom. Andere Stromanbieter lehnen Neukunden ab.
Lage verschärft sich: Entwicklung der Energiekosten
Begrenzte Strommengen
Manche Anbieter haben im Voraus weniger Energie gekauft, als sie aktuell verkaufen. Sie müssen sich nun am Spotmarkt für Energie eindecken. Der Preis pro Kilowattstunde bildet sich dort im Wesentlichen nach den Grenzkosten. Ein Energieversorger verlangt nur das, was ihn die zusätzlichen Liefermengen kosten.
Bei Erneuerbaren Energien gehen diese Grenzkosten gegen 0. Im Winter mangelt es jedoch an noch nicht vorab verkauften Energiemengen. Weht zudem noch vergleichsweise wenig Wind, wird dieser Effekt durch die geringeren Erzeugungsmengen erneuerbarer Energien verstärkt.
Einfluss der Energiewende
Die nächstgünstigeren Energielieferanten waren traditionell die Kohlekraftwerke. Allerdings werden sie immer stärker durch CO2‑Kosten belastet. Die nebenstehende Grafik zeigt die Mehrbelastung durch die Preise der CO2-Emissionszertifikate.
Im Rahmen der Energiewende wurde der Kohleausstieg beschlossen. Dadurch wird weniger Energie erzeugt. Das Angebot ist beschränkt.
Erdgas im Vergleich günstigster Energieträger
Auch in Nachbarländern wie Frankreich verringert u. a. die hohe Ausfallrate an Atomkraftwerken aufgrund von Mängeln und Wartungsarbeiten das Stromangebot im Markt. Somit ist in der aktuellen Situation Erdgas der günstigste verfügbare Energieträger am Spotmarkt. Gaskraftwerke spielen also eine noch größere Rolle bei der Stromerzeugung.
Für Deutschland stellt Russland die mit Abstand größte Bezugsquelle von Gas dar. Die aktuell geopolitische Verknappung von Gas-Lieferungen hat massiven Einfluss auf die Spotmarktpreise von Strom.
Die im Vergleich hohe Gasnachfrage in den Wintermonaten leert die Gasspeicher und verschärft die Angebotslage. Die nebenstehende Grafik zeigt die Preisentwicklung von Strom, Gas und den CO2-Emissionszertifikaten im Gesamtüberblick.
Der Zusammenhang der Entwicklungen ist gut erkennbar: Lag der Strompreis für lange Zeit im Schnitt bei 40 €/MWh, bewegt er sich jetzt zum Teil bei 400 €/MWh. Die Gaspreise befinden sich generell auf einem niedrigeren Niveau im Vergleich zum Energieträger Strom. Aber auch hier ist der Anstieg immens. Entsprechend schwierig ist es für Gas- und Stromanbieter ihre Tarife zu halten.
Ein weiterer Grund für den Kostenanstieg sind zudem steigende Netzentgelte. Ihr Einfluss ist jedoch verhältnismäßig gering.
Auswirkungen der sinkenden EEG-Umlage
Die Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wurde von 6,5 ct/kWh im Jahr 2021 auf 3,723 ct/kWh im Jahr 2022 reduziert. Versorger zögern allerdings Preissenkungen an ihre Endkunden weiterzugeben. Die Kostenzunahme am Markt übersteigt ohnehin bei Weitem die Erleichterung durch die reduzierte EEG-Umlage. Folglich ist die Senkung kaum spürbar.
Der Koalitionsausschuss vom 23. Februar 2022 hat zehn Entlastungsschritte für Verbraucher auf den Weg gebracht: Sie sollen den finanziellen Belastungen durch die hohen Energiekosten entgegenwirken. Im ersten Schritt wird ab Juli 2022 die EEG-Umlage komplett entfallen. Die Wirkung dürfte allerdings verpuffen, da die Strom- und Gaspreise durch wesentlich stärkere Faktoren als die Abschaffung der EEG-Umlage beeinflusst werden. Auch bei den neun weiteren geplanten Maßnahmen ist unsicher, ob sie die Mehrkosten verhältnismäßig ausgleichen können.
Ausbau Erneuerbarer Energien
Sollte die Wetterlage für Erneuerbare Energien wieder ertragsreicher sein, bleibt die Problematik der Gaslieferungen weiterhin unklar. Angesichts des Kriegs in der Ukraine findet ein politischer Wandel statt. Die Stimmen für eine von Russland unabhängige Energieversorgung werden lauter. Zum einen wurde die Zertifizierung der Gaspipeline Nord Stream 2 gestoppt. Zum anderen wies Bundesminister Habeck im Ausschuss für Klimaschutz und Energie vom 25. Februar 2022 auf die Notwendigkeit hin, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Diese Maßnahme wirkt jedoch nur langfristig.
Einziges Gegenmittel: Energieeffizienz
Die genannten Faktoren, die zu teurer Energie führen, können Sie als Bürger, als Unternehmen oder als Kommune nicht wesentlich beeinflussen. Sie haben nur eine Möglichkeit, den Energiekosten entgegenzuwirken: Mehr Energieeffizienz.
Energieeffizienz und -einsparungen zahlen sich jetzt angesichts der hohen Preise noch viel mehr aus. Zudem wird derzeit auf EU-Ebene eine Novelle der Energieeffizienz-Richtline vorbereitet. Sie soll zertifizierte Energiemanagement-Systeme für Unternehmen mit sehr hohem Energieverbrauch verpflichtend machen. Egal, ob Reduzierung von Energiekosten, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder das große Ziel des Klimaschutzes selbst – es liegen genügend Gründe vor, die eigene Energieeffizienz zu steigern.
Handeln Sie jetzt
Zu Ihren Fragen rund um das Thema Energiekosten, Energie- und Klimamanagement stehen wir Ihnen gerne Rede und Antwort. Möchten Sie mehr zur Implementierung von IngSoft InterWatt erfahren? Rufen Sie uns gerne an: +49 (911) 430879-100 oder schreiben Sie uns eine E-Mail: